Brexit – Keine Auswirkungen auf die Vergabepraxis

Am 1. Januar 2021 ist das zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich geschlossene Handels- und Kooperationsabkommen vorläufig in Kraft getreten. Das Abkommen stellt die Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich auf eine neue Grundlage. Es enthält auch ein Kapitel über das öffentliche Beschaffungswesen.

Formal ist das Vereinigte Königreich mit dem Austritt aus der Europäischen Union und dem Verlassen des Europäischen Wirtschaftsraums zu einem Drittstaat geworden.

Daraus ergeben sich nach bisheriger Einschätzung allerdings keine Auswirkungen auf die deutsche Vergabepraxis und die Behandlung von Bietern aus dem Vereinigten Königreich im Hinblick auf Aufträge der Oberschwelle. Unternehmen aus dem Vereinigten Königreich haben damit auch weiterhin uneingeschränkt Zugang zum deutschen Beschaffungsmarkt.

Europarechtlich folgt das aus Artikel 25 der EU-Vergaberichtlinie 2014/24/EU. Die dazu erlassenen Leitlinien der EU-Kommission zur Teilnahme von Bietern und Waren aus Drittländern am EU-Beschaffungsmarkt (2019/C 271/02) führen insoweit aus:

„Dementsprechend sehen die Richtlinien für die öffentliche Auftragsvergabe vor, dass öffentliche Auftraggeber in der EU auf Bauleistungen, Lieferungen, Dienstleistungen und Wirtschaftsteilnehmer aus den Unterzeichnerstaaten dieser Übereinkommen [Anm: bilaterale Freihandelsabkommen; GPA] keine ungünstigeren Bedingungen anwenden als die Bedingungen für die Bauleistungen, Lieferungen, Dienstleistungen und Wirtschaftsteilnehmer aus der EU, soweit diese durch die genannten Übereinkommen abgedeckt sind.“

Das zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ausgehandelte Handels- und Kooperationsabkommen vom 24. Dezember 2020 enthält im Abschnitt zur öffentlichen Auftragsvergabe gegenseitige Marktöffnungsverpflichtungen. Außerdem ist das Vereinigte Königreich mit Wirkung zum 1. Januar 2021 dem WTO-Übereinkommen zur öffentlichen Beschaffung GPA (Government Procurement Agreement) beigetreten.

Darüber hinausgehend sieht das deutsche Vergaberecht in § 97 Abs. 2 GWB einen umfassenden Gleichbehandlungsgrundsatz vor, der eine Ungleichbehandlung aufgrund der Herkunft eines Unternehmens grundsätzlich nicht gestattet.

Ein Hinweis zur Vergabe unterhalb der EU-Schwellenwerte: Das Handels- und Kooperationsabkommen regelt ausdrücklich auch, dass EU-Tochterunternehmen britischer Unternehmen uneingeschränkten Zugang zum EU-Beschaffungsmarkt haben. Das ergibt sich im Grundsatz allerdings bereits aus den europäischen Verträgen.

Damit das Abkommen endgültig in Kraft treten kann, ist die Zustimmung des Europäischen Parlaments erforderlich.

Weitere Informationen, wie auch das Handels- und Kooperationsabkommen in deutscher Sprache finden Sie auf der Website der Europäischen Kommission. Das öffentliche Beschaffungswesen wird in Titel VI des Handels- und Kooperationsabkommens (ab Seite 179 der deutschen Fassung) behandelt.

 

Letzte Aktualisierung: 02.02.2021